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Die versoffene Karriere



Wer am Arbeitsplatz Alkohol trinkt, riskiert den Job. Doch nicht jeder Fehltritt berechtigt das Unternehmen zur Kündigung. Arbeitsrechtspezialist Stefan Röhrborn hat für manager-magazin.de die wichtigsten Regelungen zum Thema Alkoholmissbrauch im Betrieb zusammengestellt.

1. Abschluss des Arbeitsvertrags

Bei der Aufnahme von Verhandlungen um den Abschluss eines Arbeitsvertrags besteht zwischen dem Bewerber und dem potenziellen Arbeitgeber ein vorvertragliches Schuldverhältnis, das beide Seiten verpflichtet, auf die Belange des Verhandlungspartners Rücksicht zu nehmen: Der Arbeitnehmer will seine Privatsphäre schützen, der Arbeitgeber möchte möglichst viel über die Persönlichkeit des Bewerbers erfahren.

Die Rechtsprechung hat Grundsätze zu der Frage entwickelt, unter welchen Umständen ein Arbeitnehmer von sich aus auf seine Alkoholerkrankung hinzuweisen hat und in welchen Fällen er sie auf Nachfrage des Arbeitgebers mitzuteilen hat.

a) Unter welchen Umständen muss der Arbeitnehmer von sich aus auf seine Alkoholerkrankung hinweisen?

Laut Rechtsprechung besteht eine Pflicht zur unaufgeforderten Offenbarung einer Alkoholerkrankung nur dann, wenn der Arbeitnehmer infolge der Erkrankung außer Stande ist, die geschuldete Arbeitsleistung überhaupt zu erbringen. Dies hängt im Einzelfall von der zu verrichtenden Tätigkeit ab. Der Bewerber hat seine Alkoholerkrankung von sich aus zu offenbaren, wenn er einen alkoholsensiblen Arbeitsplatz besetzen will, an dem beispielsweise gefährliche Tätigkeiten zu verrichten sind, das sind zum Beispiel Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr, Kranfahrer, Staplerfahrer, Bediener einer gefährlichen Maschine.

b) Auf welche Fragen muss der Arbeitnehmer wahrheitsgemäß antworten, selbst wenn er damit seine Krankheit offenbart?

Der Arbeitnehmer muss bei der Einstellungsverhandlung die Frage nach Krankheiten beziehungsweise dem Gesundheitszustandwahrheitsgemäß beantworten, sofern sie für die vorgesehene Tätigkeit hinsichtlich des Arbeitsplatzes, der Arbeitszeit, der Belastung, der Arbeitskollegen et cetera von Bedeutung ist (BAG, Urteil vom 07.06.1984 ? 2 AZR 270/83, BB 1984, S. 2406). Diese Voraussetzungen sind bei einer bestehenden Alkoholerkrankung erfüllt. Alkoholismus ist eine Krankheit, die mit Sicherheit oder zumindest mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Eignung des Bewerbers für eine bestimmte Tätigkeit in erheblichem Umfang beeinträchtigen kann oder sogar ausschließen wird. Der Arbeitnehmer muss also seine Abhängigkeit vom Alkohol offenbaren. Dies gilt auch für den Fall, dass die Alkoholkrankheit zur Anerkennung als Schwerbehinderter geführt hat und der schwerbehinderte Bewerber nach seiner Schwerbehinderteneigenschaft gefragt worden ist.

c) Muss ein "trockener" Alkoholiker seine Krankheit auf ausdrückliche Frage des Arbeitgebers mitteilen?

Ist eine Abhängigkeit im Rechtssinne (α-Alkoholismus, β-Alkoholismus, γ-Alkoholismus) nicht mehr gegeben, muss der Arbeitnehmer den Alkoholismus als überwundene Krankheit auch auf ausdrückliche Frage des Arbeitgebers nicht mitteilen. Es ist im Einzelfall jedoch sehr fraglich, wann Alkoholismus als Krankheit wirklich überwunden ist, weil Alkoholismus grundsätzlich nicht ausheilbar ist.

 

d) Darf der Arbeitgeber nach bestehenden Trinkgewohnheiten fragen?

Nein. Fragt der Arbeitgeber gleichwohl danach, darf der Arbeitnehmer diese Frage wahrheitswidrig beantworten.

e) Muss sich der Stellenbewerber vor der Einstellung einer Alkoholkontrolle oder einer ärztlichen Untersuchung, zum Beispiel auf erhöhte Leber- oder Blutfettwerte, unterziehen?

Nein. Unterzieht sich der Bewerber jedoch aus freien Stücken einer Untersuchung durch einen Arzt im Interesse der Begründung eines Arbeitsverhältnisses, so kann der Arzt nicht mehr Tatsachen aufklären, als der Arbeitgeber selbst ermitteln darf. Der Arzt darf also an den Bewerber keine Fragen richten, die der Arbeitgeber selbst nicht stellen dürfte.

f) Welche Mittel hat der Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer seiner spontanen Offenbarungspflicht hinsichtlich einer bestehenden Alkoholkrankheit nicht genügt hat oder eine dahingehende zulässige Frage bewusst falsch beantwortet hat?

Sofern die Aufklärung beziehungsweise die richtige Antwort erkennbar arbeitsplatzrelevant war, kann der Arbeitgeber den abgeschlossenen Arbeitsvertrag gemäß § 123 Abs. 1 BGB wegen arglistiger Täuschung anfechten.

 
2. Abmahnung und fristgemäße Kündigung bei Alkoholmissbrauch am Arbeitsplatz

Eine fristgemäße verhaltensbedingte Kündigung kommt nach alkoholbedingten Störungen in Betracht, wenn der Arbeitnehmer nicht alkoholkrank im medizinischen Sinne ist.

Typisches Fehlverhalten sind Leistungsminderungen, das Nichtbefolgen von Arbeitsanweisungen (BAG, Urteil vom 15.01.1986, DB 1986 S. 1075) oder Störungen der Betriebsordnung, beispielsweise der Verstoß gegen das Rauch- oder Alkoholverbot (BAG, Urteil vom 22.07.1982, DB 1983 S. 180).

Vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung ist eine vergebliche Abmahnunggrundsätzlich erforderlich. Der Arbeitgeber muss dem Mitarbeiter zugleich hinreichend Gelegenheit und Zeit geben, sein Verhalten zu ändern.

a) Wie viele Verstöße muss der Arbeitgeber dulden?

Wiederholte Verstöße gegen ein betriebliches Alkoholverbot können nach vorheriger Abmahnung die Kündigung als verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen (BAG, Urteil vom 2.07.1982, DB 1983 S. 180). Bei Arbeitnehmern, von denen im Fall der Trunkenheit wegen der Art der von ihnen verrichteten Tätigkeit besondere Gefahren für andere ausgehen (Berufskraftfahrer, Bagger- , Krankführer aber auch Órzte, zum Beispiel Chirurgen, Piloten et cetera), wird ein strengerer Maßstab angelegt. Hier soll unter Umständen schon der einmalige Verstoß gegen das Alkoholverbot die Kündigung rechtfertigen (LAG Hamm, Urteil vom 13.09.1974, DB 1974 S. 2164; Urteil vom 22.12.1977, DB 1978 S. 750).

b) Was gilt, wenn der Arbeitnehmer medizinisch als alkoholabhängig gilt?

Ist der Arbeitnehmer alkoholkrank im medizinischen Sinne, kommt eine Kündigung nur als krankheitsbedingte Kündigungin Betracht (BAG, Urteil vom 09.04.1987, DB 1987 S. 2156). Eine verhaltensbedingte Kündigung kommt nicht in Betracht, weil das Fehlverhalten des Arbeitnehmers bei krankheits- oder altersbedingten, auf Alkohol- oder Drogenabhängigkeit beruhenden Leistungsminderungen aus rechtlicher Sicht nicht von seinem Willen abhängt (personenbedingte Störungen). Eine Abmahnung ist in solchen Fällen nicht erforderlich.

c) Mit welchen Eingriffen darf der Grad der Alkoholisierung festgestellt werden?

Zur Feststellung ihrer Alkoholisierung sind Arbeitnehmer weder verpflichtet, an einer Atemalkoholanalyse mitzuwirken, noch können sie zu einer Untersuchung ihres Blutalkoholwerts gezwungen werden (BAG, Urteil vom 26.01.1995, DB 1995 S. 1028). Im Prozess ist der Arbeitgeber auf Indizien angewiesen (Alkoholfahne, schwankender Gang et cetera). Auf Grund seiner Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber, soweit entsprechende Gerätschaften vorhanden sind, dem Arbeitnehmer bei Anzeichen einer Alkoholisierung Gelegenheit geben, durch entsprechende Tests den Vorwurf auszuräumen (BAG, Urteil vom 26.01.1995, DB 1995 S. 1028

3. Fristlose Kündigung bei Alkoholmissbrauch

Eine außerordentliche fristlose Kündigung ist nur wirksam, wenn sie neben anderen Voraussetzungen die unausweichlich letzte Maßnahme für den Kündigenden darstellt. Die durch Alkohol bedingte dauernde Unfähigkeitdes Arbeitnehmers, seiner Pflicht nachzukommen, kann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen (BAG, Urteil vom 14.11.1984, DB 1985 S. 2003).

Die fristlose verhaltensbedingte Kündigung kommt immer nur in Betracht, so lange es sich nichtum eine Abhängigkeit im medizinischen Sinne handelt. Die Wirksamkeit der Kündigung bei Alkoholerkrankung richtet sich dann nach den Grundsätzen der krankheitsbedingten Kündigung (BAG, Urteil vom 09.04.1987, DB 1987 S. 2156).

4. Fristgemäße Kündigung bei Alkoholerkrankung

Arbeitsrechtlich ist von einer Krankheit auszugehen, wenn dergewohnheitsmäßige und übermäßige Alkoholgenuss trotz besserer Einsicht nicht aufgegeben oder reduziert werden kann und eine psychische und physische Abhängigkeit vom Alkohol im medizinischen Sinne besteht (BAG, Urteil vom 01.06.1983, DB 1983 S. 2420).

Die mit der Alkoholerkrankung begründete personenbedingte Kündigung ist nach den zur krankheitsbedingten Kündigung entwickelten Grundsätzen zu beurteilen, weist jedoch gegenüber der allgemeinen krankheitsbedingten Kündigung einige Besonderheiten auf.

a) Ist die Kündigung unwirksam, wenn der Arbeitnehmer anschließend in Therapie geht?

Es gibt einen Erfahrungssatz, wonach ein Alkoholabhängiger ohne fremde Hilfe in absehbarer Zeit nicht geheilt wird. Ist der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Kündigungnicht therapiebereit, kann davon ausgegangen werden, dass er in absehbarer Zeit nicht geheilt sein wird. Trotzdem entsprach es früher gängiger Gerichtspraxis, dem gekündigten Arbeitnehmer zumindest noch in einem frühen Stadium des Rechtsstreits die alternative Therapie oder den Verlust des Arbeitsplatzes zu eröffnen. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung nun nicht mehr möglich.Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass eine vom Arbeitnehmer nach Ausspruch der Kündigung durchgeführte Therapie und ihr Ergebnis nicht zur Korrektur der Zukunftsprognose herangezogen werden können (BAG, Urteil vom 09.04.1987, DB 1987 S. 2156).

b) Darf der Arbeitnehmer vor der Kündigung die Gelegenheit zur Therapie einfordern?

Vom BAG wurde bisher nicht die Frage beantwortet, ob der Arbeitgeber dem abhängigen Arbeitnehmer vorAusspruch der Kündigung Gelegenheit für eine Therapie geben muss. Bei langjährig beschäftigten Mitarbeitern wird man wohl verlangen können, dass der Kündigungsgrund in einem Personalgespräch angesprochen und die alternative Therapie oder Kündigung eröffnet wird (LAG Hamm, Urteil vom 19.09.1986, NZA 1987 S. 669; LAG Frankfurt, Urteil vom 26.06.1986, NZA 1987 S. 24). Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu bewerten, wenn die Abhängigkeit vom Arbeitnehmer verschuldet war. Davon geht das BAG nach ständiger Rechtsprechung aus, wenn der Arbeitnehmer nach einer zunächst erfolgreichen Therapie wieder rückfällig geworden ist (BAG, Urteil vom 11.11.1987, DB 1988 S. 402). Medizinisch ist dies wohl sehr fragwürdig, arbeitsrechtlich lässt sich dasselbe Ergebnis bei der Interessenabwägung auch ohne den Schuldvorwurf erreichen.

c) Kann der Arbeitgeber den Mitarbeiter kündigen, während dieser in Therapie ist?

Unterzieht sich der Arbeitnehmer einer Therapie, muss der Arbeitgeber ihren Erfolg abwarten. Liegen zwingende betriebliche Gründe vor, darf der Arbeitsplatz zwischenzeitlich neu besetzt werden, wenn etwa die Einstellung von Aushilfskräften nicht möglich ist (LAG Hamm, Urteil vom 02.05.1986, LAGE § 1 KSchG, Personenbedingte Kündigung Nr. 4). Kehrt der abhängige Arbeitnehmer geheilt zurück (geheilt im rechtlichen, nicht etwa im medizinischen Sinne), kann dies eine betriebsbedingte Kündigung erforderlich machen. Im Rahmen der sozialen Auswahl ist dann zu klären, wer von beiden seinen Arbeitsplatz verliert. Dabei darf die Abhängigkeit so wenig wie die Krankheit zur Entscheidung herangezogen werden, so lange nicht erneut die Voraussetzungen für eine krankheitsbedingte Kündigung erfüllt sind (BAG, Urteil vom 24.03.1983, DB 1983 S. 1822).

5. Entgeltfortzahlung bei Alkoholmissbrauch

Nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall. Voraussetzung ist die Arbeitsunfähigkeit infolge von Krankheit. Damit ist zugleich klargestellt, dass nicht jede Krankheit zur Arbeitsunfähigkeit führt, sondern nur eine solche, die den Arbeitnehmer an der Ausführung seiner Arbeit hindert. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht nur, wenn die Arbeitsunfähigkeit unverschuldet eingetreten ist.

a) Wann ist Arbeitsunfähigkeit durch Alkoholmissbrauch verschuldet?

Unter Verschulden versteht die Rechtsprechung in diesem Kontext ein grobes Verschulden gegen sich selbst, nämlich ein unverständliches, leichtfertiges Verhalten des Arbeitnehmers, das vorliegt, wenn der Arbeitnehmer in gröblicher Weise gegen das von einem verständigen Menschen in eigenem Interesse zu erwartende Verhalten verstößt (BAG, Urteil vom 23.11.1971, DB 1972 S. 395). Ein solches grobes Verschulden ist anzunehmen, wenn ein Verkehrsunfall auf alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit zurückzuführen ist. Auch sonstige, auf Alkoholmissbrauch beruhende Unfälle sind schuldhaft, etwa der Sturz auf einer Treppe oder der auf Alkoholmissbrauch beruhende Sturz in einer Gaststätte. Anders ist die Lage bei einer Alkoholerkrankung.

b) Wann ist Arbeitsunfähigkeit durch Alkoholabhängigkeit verschuldet?

Bei einer Alkoholerkrankung kann nicht ohne weiteres von einer verschuldeten Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden, da es keinen Erfahrungssatz gibt, dass eine Alkoholerkrankung stets verschuldet ist (BAG, Urteil vom 09.05.1987, DB 1987 S. 2156). Maßgebend für die Beurteilung des Verschuldensist das Verhalten, das vor dem Zeitpunkt liegt, in dem die als Krankheit zu bewertende Alkoholabhängigkeit eingetreten ist, wobei der Arbeitnehmer durch die Erteilung näherer Auskünfte und Entbindung seiner Órzte von der Schweigepflicht an der Aufklärung dieser Umstände mitwirken muss (BAG, Urteil vom 01.06.1983, DB 1983 S. 2420; Urteil vom 07.08.1991, DB 1991 S. 2488).

c) Gilt ein Rückfall als Verschulden?

Ein Verschulden liegt in jedem Fall vor, wenn ein Arbeitnehmer nach durchgeführter Entziehungskur erneut rückfälligwird (Urteil des BAG vom 11.11.1987, DB 1988 S. 402). Eine selbst verschuldete Arbeitsunfähigkeit liegt bei einem alkoholkranken Arbeitnehmer ferner vor, wenn er in alkoholisiertem Zustand mit seinem Kraftfahrzeug einen Verkehrsunfall verursacht. Der Schuldvorwurf liegt darin, dass der Arbeitnehmer überhaupt noch ein Fahrzeug benutzte, da er hätte wissen müssen, dass er auf Grund seiner Alkoholabhängigkeit erhebliche Alkoholmengen konsumieren und damit eine erhebliche Gefahr im Straßenverkehr darstellen würde (BAG, Urteil vom 30.03.1988, DB 1988 S. 1403).

 
6. Mitbestimmung des Betriebsrats bei fragen des
    Alkoholverbots 

Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat bei "Fragen der Ordnung des Betriebes" zu beteiligen. Der Betriebsrat hat hier ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht. Die generelle Gestaltung der betrieblichen Ordnung ist vom Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam vorzunehmen (BAG, Beschluss vom 24.03.1981, DB 1981 S. 1086).

a) Muss der Betriebsrat einem Alkoholverbot zustimmen?

Zu den Ordnungsinstrumenten des Arbeitgebers gehören alle Maßnahmen, die er zur Regelung und Sicherung eines ungestörten Arbeitsablaufs und der Gestaltung des Zusammenlebens und Zusammenwirkens der Arbeitnehmer im Betrieb treffen möchte. Zu diesen Maßnahmen zählt auch ein allgemeines Alkoholverbot. So kann der Arbeitgeber, in dessen Betrieb ein Betriebsrat existiert, ein allgemeines Rauchverbot oder allgemeines Alkoholverbot im Betrieb nur mit Zustimmung des Betriebsrats anordnen (Urteil des BAG vom 23.09.1986, DB 1987 S. 337). Die Zustimmung ist nicht erforderlich, wenn das Alkoholverbot gesetzlichvorgeschrieben ist (Flugzeugführer). Außerdem scheidet eine betriebliche Mitbestimmung aus, wenn der Arbeitgeber zum Beispiel ein Alkoholverbot mit dem Arbeitnehmer einzelvertraglich vereinbart hat.

b) Muss der Betriebsrat angeordneten Alkoholkontrollen zustimmen?

Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats unterliegt nicht nur die Anordnung eines Alkoholverbots, sondern insbesondere auch die Einführung von Kontrollmechanismen. Der Einsatz technischer Hilfsmittel (zum Beispiel Atemmessgeräte oder Blutprobe durch den Werksarzt) kommt außerdem nur mit dem Einverständnis des Betroffenen selbst in Betracht. Die Frage, ob des Alkoholmissbrauchs verdächtige Mitarbeiter über etwaige Regelungen in der Betriebsvereinbarung gezwungen werden können, einen solchen Alkoholtest über sich ergehen zu lassen, ist in der Rechtsprechung umstritten. Die Tendenz geht dahin, dass die Mitarbeiter es nicht müssen, weil ihr Persönlichkeitsschutz Vorrang hat.

Eine Ausnahme wird für den Einsatz von Atemmessgeräten dann zugelassen, wenn im Einzelfall ein alkoholsensibler Arbeitsplatz häufiger Kontrollen im Interesse der Allgemeinheit oder der Belegschaft bedarf (Lkw-Fahrer, Lokomotivführer, Chirurg, Kranführer et cetera). Dagegen bestehen keine rechtlichen Bedenken gegen eine Betriebsvereinbarung, die dem Mitarbeiter die Möglichkeit einräumt, sich mittels eines Alkoholtests vom Vorwurf des Alkoholkonsums zu befreien und der Zustand der Alkoholisierung bei einer Verweigerung des Tests unterstellt werden kann.

7. Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung

Versicherungsfälle in der gesetzlichen Unfallversicherung sind der Arbeitsunfall und die Berufskrankheit (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Voraussetzungen von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung sind der Eintritt des Arbeitsunfallsoder der Berufskrankheit und eine durch den Versicherungsfall verursachte Gesundheitsstörung des Versicherten oder dessen Tod (Arbeitnehmer).

a) Schließt Trunkenheit am Arbeitsplatz den Versicherungsschutz aus?

Trunkenheit schließt den Versicherungsschutznicht in jedem Fall aus. Nur wer so hochgradig betrunken ist, dass er zu einer zweckgerichteten Tätigkeit nicht mehr fähig ist, ist allein deshalb nicht mehr versichert (Bundessozialgericht, Urteil vom 28.06.1979, DB 1980 S. 631). Sonstige unter Trunkenheit eingetretene Unfälle sind nur dann nicht versichert, wenn die Trunkenheit die rechtlich allein wesentliche Ursache war, das heißt, der Unfall zumindest annähernd gleichwertig im Verhältnis zu anderen Ursachen durch die Trunkenheit hervorgerufen worden ist. Dafür müssen außerhalb des Straßenverkehrs neben der Blutalkoholkonzentration weitere beweiskräftige Umstände für ein alkoholtypisches Fehlverhalten vorhanden sein. Im Straßenverkehr spricht nach den Erfahrungen des täglichen Lebens der erste Anschein dafür, dass die absolute beziehungsweise relative Fahruntüchtigkeit allein wesentliche Unfallursache ist. Dieser Anschein ist sowohl bei festgestellter relativer Fahruntüchtigkeit als auch bei absoluter Fahruntüchtigkeit widerlegbar.

b) Ist ein Unfall unter Alkoholeinfluss auf dem Weg zur Arbeit versichert?

Die Fahrt des Arbeitnehmers von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück gehört zum privaten Lebensbereich des Arbeitnehmers. Der Weg von und zur Arbeitsstätte ist jedoch durch die gesetzliche Unfallversicherung versichert, weil er betrieblich veranlasst ist. Wegeunfälle unter Alkoholeinwirkung im Straßenverkehr sind nur dann nicht versichert, wenn eine (absolute oder relative) Fahruntüchtigkeit wegen Alkoholeinwirkung festgestellt ist und diese Fahruntüchtigkeit unter Umständen neben anderen Mitursachen die rechtlich allein wesentliche Ursache für den Verkehrsunfall gewesen ist.

Bei einer Blutalkoholkonzentration, die zu einer absoluten Fahruntüchtigkeit führte, trägt der Versicherte die Feststellungslast dafür, dass der Unfall nicht auf der Alkoholeinwirkung, sondern auf betriebsbezogenen Umständen und Wegegefahren beruht. Bei relativer Fahruntüchtigkeit infolge Alkoholeinwirkung (auch bei nicht festgestelltem Wert der Blutalkoholkonzentration) entfällt der Versicherungsschutz nur, wenn dem Versicherten alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit nachgewiesen werden kann (zum Beispiel unadäquates Verkehrsverhalten) und festgestellt ist, dass die alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit wesentliche Unfallursache war.

Quelle:

Von Stefan Röhrborn

manager-magazin.de

 

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